Oberflächentechnik

Im Laufe der Restauration meines E30 M3 habe ich mich über einige Oberflächenverfahren informiert, da ich eine Methode gesucht habe, meinen Unterbodenschutz und die Lackschichten auf der Karosse zu entfernen. Doch die Wahl nach dem richtigen Verfahren kann sehr kompliziert werden. Es müssen alle Vor- und Nachteile gründlich durchdacht sein. 

Das klassische Sandstrahlen:

Das Sandstrahlen ist die bekannteste und häufigste Methode, um Blechteile zu bearbeiten. Hat man z.B. Rost an einigen Stellen, kann Sandstrahlen eine gute Möglichkeit sein, um die Oberfläche zu behandeln und den Rost nachhaltig zu entfernen. Hat man Rost an der Karosserie, ist ein Teiletausch von Vorteil. Möchte man dennoch Teile Sandstrahlen, gibt es jedoch einiges zu beachten. Die Wahl des Strahlguts kann schon hauptentscheidend sein für eine erfolgreiche Behandlung. Hier gibt es vom klassischen Sand noch weitere Strahlgutarten wie z.B. Korrund, Glasperlen, Soda, Kunststoff uvm. auch ist es sehr wichtig, wer die Karosse strahlt. Denn Erfahrung beim Strahlen sollte man ausreichend haben! Der Strahlwinkel und Druck spielt hier eine entscheidende Rolle. Generell gilt: Jede Strahlart wirkt abrasiv (abtragend) mit Ausnahme vom Trockeneisstrahlen. Sprich die Oberfläche wird beschädigt und Material wird abgetragen und die Stabilität wird dadurch ebenfalls beeinflusst. Ausserdem sammelt sich meist das Strahlgut in so gut wie jeder Spalte der Karosserie. Verbleibender Sand in Hohlräumen kann neue Rostherde fördern. Ein viel größeres Problem beim Sandstrahlen ist der Flächenverzug, der auf großen Flächen entstehen kann. Die Kosten für das Sandstrahlen kann man schlecht schätzen, da jede Karosserie anders ist und der Aufwand nicht immer gleich ist.

Die Kathodische Tauchbadlackierung kurz KTL:

Die letzten Jahre hat sich in diesem Bereich viel getan. Tauchbäder sind in die Mode gekommen und werden auch entsprechend beworben vor allem auf Oldtimer-Messen. Es wird als Jungbrunnen der Neuzeit verschrien. Es ist zudem nicht abrasiv und das ist ein entscheidender Vorteil. Das Verfahren ist vielversprechend jedoch alles andere als perfekt. Man macht es sich natürlich leicht, einfach die Karosse in ein Tauchbad zu geben und am Ende bekommt man eine so gut wie neue Karosserie zurück. Ganz so einfach ist es in der Praxis dann jedoch nicht. Zum einen muss die Karosse absolut sauber und rostfrei sein um überhaupt KTL beschichtet zu werden. Dies wird mit einer chemischen Entlackung erreicht. Hier wird ALLES von der Karosse entfernt (Hohlraumversiegelungen, Unterbodenschutz, Lack, Spachtel und oder Zinnarbeiten) danach ist die Karosse metallisch blank. Nach dem Entlacken kommt der Waschgang oder besser gesagt der Spülgang. Die Chemie wird neutralisiert und abgewaschen. Hier kann man nun den Zustand der Karosse im Detail betrachten, um zu sehen wo überall Karosseriearbeiten notwendig sind.

Im nächsten Schritt kommt die Entrostung. Hier wird wieder mit Chemie behandelt. Danach muss die Karosse “ passiviert “ und vor erneutem Rostbefall geschützt werden. Ein weiterer Spülgang der die Chemie neutralisiert ist hier auch notwendig. Jetzt ist die Karosse vorbereitet für die eigentliche KTL Beschichtung.

Ist die KTL Beschichtung abgeschlossen kann man theoretisch gleich mit dem Lackaufbau beginnen… theoretisch. In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Karosseriearbeiten sollen tunlichst nach dem KTL Bad erfolgen. Denn macht man dies vorher und ist Zinn an der Karosserie verarbeitet worden, so wird dies im oben genannten Verfahren entfernt oder verläuft wieder. Ausserdem ist es bei manchen Fahrzeugen notwendig, dass Löcher in die Karosserie gebohrt werden, um genügend Ablauflöcher zu haben und um die Blasenbildung zu minimieren. Wie oben beschrieben wird von der Karosse im Entlackungsprozess ALLES entfernt und hier kommt meine größte Sorge, die ich bei einem Porsche 356 Modell persönlich gesehen habe. Der Porsche war bei einem bekannten KTL Betrieb und nach ca. 3 Jahren als die Restauration abgeschlossen war, konnte man bei so gut wie fast allen Karosseriefalzen Rost entdecken, der sich sehr schnell ausbreitete.

Ich schließe daraus, dass die Chemie überall eindringt auch in Karosseriefalze und trotz Spülgang nicht mehr sauber abläuft oder 100% neutralisiert wird. Ist dies der Fall und ist die Karosse im KTL Tauchbad, bekommt man keine 100% sichere KTL Beschichtung. Die Kosten für das Tauchbad beliefen sich in diesem Fall mit dem Porsche 356 auf rund 5900 Euro brutto. Somit ist das Thema auch sehr kostenintensiv und mit einem entsprechend hohen Risiko verbunden. Zugegeben: Das KTL Tauchbad war meine erste Wahl, als ich über die Monate jedoch mehr Informationen bekommen habe und Fahrzeuge live sehen konnte, habe ich meine Meinung schnell geändert. Eine Garantie im Schadensfall hat man nicht.Bild

Tauchbad Enlacken / Entrosten (Quelle:classic-portal.com)

KTL Beschichtung (Quelle:carblast.com)

Das Trockeneisstrahlen:

Das Trockeneisstrahlen kam ebenfalls wie die KTL Beschichtung immer mehr in Mode. Auch dieses Verfahren ist nicht abrasiv. Trockeneis eignet sich zur Reinigung in vielen Bereichen. Speziell bei Restaurierungen kann Trockeneis ein guter Helfer sein. Hat man eine relativ gute Karosserie, kann man Trockeneis zur Reinigung der Karosserie nutzen. Man sammelt über die Jahre immer mehr Schmutz auf der Karosserie oder Öle und Kraftstoffe in Motorräumen etc. die mit diesem Verfahren gereinigt werden können. Möchte man jedoch Unterbodenschutz entfernen kommt es auf die Art des Unterbodenschutzes und auf die Schichtdicke an. Früher wurden häufig PVC Materialien verwendet, die mit der Zeit aushärten. Trockeneis ist, wie oben erwähnt nicht abrasiv und hat somit meist nicht die Kraft den Unterbodenschutz zu entfernen. Der Preis setzt sich mit dem Aufwand zusammen und kann schlecht geschätzt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass Trockeneis komplett ohne Rückstände arbeitet.

Trockeneisstrahlen (Quelle:carblast.com)

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Das Wasserstrahlen:

Das Wasserstrahlen – ein für viele unbekannter Begriff. Ich habe das Verfahren auch erst kennenlernen dürfen. Dieses hatte ich auf einer Messe erstmals live gesehen, es blieb seitdem im Hinterkopf. Als meine Karosserie soweit vom Karosseriebau fertig war, habe ich vorab eine Firma gesucht, die ein solches Verfahren anbietet. Fündig wurde ich in meiner Region (Firma Gesslein in Kulmbach) . Das Verfahren selbst habe ich mir direkt vor Ort zeigen lassen und ich bekam die Möglichkeit, die Endresultate anzusehen , da aktuell zur Besichtigung ein paar bestrahlte Karossen in der Halle standen. Ein entscheidender Vorteil für mich war, dass dieses Verfahren nicht abrasiv ist. Es wurde ein Termin festgelegt, um die Karosserieaussenhaut, Heckblech und den Motorraum strahlen zu lassen.

Das Wasserstrahlen erfolgt mit reinem Wasser ohne chemische Zusätze, somit muss man die Karosse nicht neutralisieren. Der Betriebsdruck liegt bei rund 2400-2600 bar. Es erfolgt kein Flächenverzug und das Endergebnis ist eine absolut saubere Karosserie. Es ist selbstverständlich, dass man umgehend etwas gegen Flugrost unternehmen sollte. Hier ist eine Absprache mit dem Lackierer von Vorteil. Die Kosten richten sich nach dem Aufwand. Sollte ich jemals wieder einen Oldtimer aufbauen, werde ich die Karosse komplett Wasserstrahlen lassen. In meinem Fall habe ich den Unterbodenschutz per Hand entfernt. Mit Wasserstrahlen wäre dies deutlich leichter gewesen.

Wasserstrahlen
Ergebnis nach dem Wasserstrahlen

Das Burnout-Verfahren (Pyrolyse) Phönix aus der Asche?

Burnout ist vielen bekannt jedoch den wenigsten im Zusammenhang mit Oldtimer Restaurationen. Das Stichwort hierzu lautet: Pyrolyse und kommt aus dem Griechischen (Pyro=Feuer, Lysis=Auflösen). Zum ersten mal habe ich vom thermischen Entlacken in einer Zeitschrift gelesen. Bei diesem Verfahren muss die Karosserie ebenfalls komplett zerlegt werden. Man sieht es als alternative zum chemischen Entlackungsprozess. Burnout ist für Karossen geeignet, die häufig lackiert und sehr oft nicht fachmännisch repariert wurden z.B. mit Spachtelmassen. In diesem Verfahren kommt die Karosse in einen übergroßen Backofen der mit 350-420 Grad Celsius betrieben wird. Jedoch ohne offene Flamme und man spricht bei diesem Verfahren von einem Schwelbrand mit sehr wenig Sauerstoff. Bei oben genannten Temperaturen lösen sich alle Substanzen auf der Karosse auf. Im Anschluss wird diese gewaschen um alle Reste zu entfernen.

Die erste Frage, die oft gestellt wird “ Hält mein Blech die hohen Temperaturen überhaupt aus?“ Hierzu werden vor dem „Backen“ stellenweise die Blechstärken gemessen. Nach dem Backen wird die Messung erneut durchgeführt. Erst hier sieht man, ob eine Gefügeänderung des Blechs stattgefunden hat. Das heisst, entweder man hat Glück und das Gefüge blieb unberührt, oder aber die Karosse ist im schlimmsten Fall nicht mehr so Stabil wie vorher. Ich habe mir dazu auch mehrere Meinungen eingeholt und die Aussagen zu dem Thema sind verschieden, aber niemand kann garantieren, dass keine Gefügeänderung am Blech stattfindet. Ohne Chemie geht es dann doch nicht…ist die Karosse blank, wird empfohlen das Tauchbad zu wählen (chemisch entrosten, passivieren wie oben erwähnt) um anschließend eine KTL Beschichtung durchzuführen. Generell sehe ich das Thema skeptisch, denn ich bezweifle stark, dass man alle Reste aus den Hohlräumen herausbekommt.

Burnout-Verfahren (Quelle:classic-portal.com)

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